Artikelfoto: Erzählerin im Tulpenfieber - Auf in die Geschichten der Tulpe!
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Im Tulpenfieber: Ein Erzählprogramm mit Geschichten der Tulpe entsteht

Text © Uschi Erlewein

Aktualisiert: 22. Oktober 2022


Liebe Geschichtenfreunde, heute lasse ich Sie einmal daran teilhaben, wie mich das Tulpenfieber packte und ein neues Erzählprogramm über die Geschichte der Tulpe entsteht.

“Wie finden Sie denn die Geschichten?”
werde ich oft gefragt.

Die einzig richtige Antwort ist:
“Nicht ich finde sie, sie finden mich.”

Erzähler der Inuit vom Polarkreis berichten von ähnlichen Erfahrungen,

“Neue Geschichten finden dich und schnüffeln dir oft schon um die Füsse …”

Sobald ich beginne für ein neues Erzählprogramm zu recherchieren, kommt eins zum anderen. Die Dinge fügen sich zusammen.

Oft bin ich selber verwundert über meinen Riecher, der mich Geschichten und Informationen finden lässt, deren Existenz ich vorher nicht mal erahnte. Und diese Spürnase lässt mich auch die richtigen Leute begegnen.

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Von Nix kommt Nix – du musst dich auf die Suche machen

Um Informationen für ein neues Erzählprogramm zu finden, muss ich aktiv werden und mich offen auf die Suche machen.

Wenn irgend möglich, spüre ich gerne vor Ort den Dingen der Geschichten nach. Ich beobachte, lerne von den Erfahrungen anderer, forsche. Mache mir Notizen, sammle Informationen, Fotos, Filme.

Wenn in einer Erzählung keine eigene Erfahrung liegt, ist die Erzählung nichts als leere Worte. Deshalb ist es wichtig, dass ich eine Verbindung aufbaue, zu dem, was hinter den Worten liegt.

Ich muss meine Erzählungen füttern mit Erlebnissen, Bildern, Erfahrungen, damit Farbe und Leben hinein kommt. Beim Erzählen teile ich dann mit meinen Zuschauern all das, was ich gesammelt habe. Erst dadurch werden die erzählten Geschichten lebendig und nachvollziehbar.

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Auf in die Welt der Tulpen

Zwei Aufführungstermine hatten sich im Frühjahr verschoben und ich packte die Gelegenheit beim Schopf und ging auf Recherchenreise zur Tulpenblüte nach Holland.

Ich habe ja schon etliche Erzählprogramme mit Geschichten aus Zentralasien im Repertoire und plane dafür noch weitere thematische Schwerpunkte. Schon lange hatte ich den Plan, eine kleine Kulturgeschichte der Tulpe mit Geschichten von der Seidenstrasse zu verbinden.

Auf der Seidenstrasse, diesem alten Handelsweg, der Europa mit China verband, wurde ja nicht nur Seide zu uns nach Mitteleuropa gebracht, sondern auch vieles andere. Unter anderem gelangte auch die Tulpe von Zentralasien auf diesem Weg bis in unsere Gärten.

Auf dem langen Weg, den Rastplätzen der Karawansereien, wurden nicht nur Waren und Wissen ausgetauscht. Es waren auch immer Orte, wo erzählt wurde. Geschichten wandern mit, wo immer sich Menschen hin bewegen.

So will ich die spannende Geschichte der Tulpe durch die Jahrhunderte und ihren Weg entlang der Seidenstraße in einem Erzählprogramm verbinden.

So manche Tulpengeschichte hatte ich in den vergangenen Jahren schon zusammengetragen. Nun wurde es Zeit damit zu beginnen, das Ganze umzusetzen.

In Holland wollte ich in Leiden, im botanischen Garten und verschiedenen Museen recherchieren. Natürlich auch die riesigen Tulpenfelder sehen und die Sortenvielfalt der Tulpen in den Gärten des Keukenhofs.

Ich gestehe, dass ich mich in den meisten Hotels nicht wirklich wohl fühle – meist ist mir dort alles zu perfekt. Ich mag viel lieber Orte, die eine individuelle Atmosphäre haben, die weniger professionell auf Hochglanz gebracht sind. Wie so oft, hatte ich mir deshalb in Holland eine Privatunterkunft gemietet. Dabei entscheide ich mich meist nach meinem Bauchgefühl.

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Und wo war ich gelandet?!!

Bei einem Blumenzwiebelspezialisten, der mich schon in den 1. Minuten mit einem Stapel Fachbüchern versorgte, der meine 1000 Fragen mit großer Geduld beantwortete! Und er kannte alle, die in der Zwiebelzuchtwelt Rang und Namen haben.

Ich erfuhr, dass das Tulpenfieber nicht nur in den 1630er Jahren grassierte, sondern auch noch heute mit seltenen Tulpensorten spekuliert wird. Vor wenigen Jahren stiegen dabei die Preise für diese Tulpenzwiebeln ins Unermessliche – und wieder platzte die Spekulationsblase. Die Dinge wiederholen sich, das Tulpenfieber ist noch nicht vorüber.

Mein Vermieter ermöglichte mir, dass ich die wohl weltgrößte Sammlung von Wildtulpen sehen durfte. Ein Tulpenspezialist hat sie im Laufe seines Lebens aus allen Ecken Zentralasiens zusammen getragen. Über 600 verschiedene Wildtulpen!

Wie mich das Tulpenfieber erwischte

Es war an einem Tag, der mehrere Jahreszeiten in sich vereinigte. Eiskalter Wind vom Polarkreis peitschte uns Regen und Hagel um die Ohren. Kurz darauf leuchteten die Tulpen im strahlendem Sonnenschein vor einem blauem Himmel.

Es war inspirierend die Begeisterung und Leidenschaft dieses Wildtulpenspezialisten zu erleben, der seine Lebenszeit dafür einsetzt, die Vielfalt dieser Wildpflanzen auch für zukünftige Generationen zu bewahren. Auf seinem Feld, das übrigens nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist, hat er einen wertvollen Genpool aufgebaut. Die meisten der über 600 Wildtulpen hatte der Tulpenjäger selbst in Zentralasien gesammelt und als Tochterzwiebeln oder Samen weiter kultiviert.

“Was fasziniert Sie so an den Wildtulpen?”, fragte ich ihn.

“Sie sind wie wir Menschen …”

… mmhh, der Satz gibt mir noch heute zu denken.

Schon in den Garten des Keukenhof hatte ich die ersten Wildtulpen gesehen. Erst war ich über ihre Größe ein bisschen enttäuscht.

Ich war ja schon Tage an einem Meer von blühenden Zuchttulpen vorbeigegangen. In der Masse eines Feldes, alle Tulpen in einer Farbe, das ist echt beeindruckend. Die großen, stolzen, perfekten hohen Zuchttulpen sind imposant. Ein Farbenrausch! Gewürzt mit dem intensiven Duft der benachbarten Hyazinthen- und Narzissenfelder.

Da schienen mir die wenigen kleinen Wildtulpen so still und klein daneben. Doch nur auf den ersten Blick! Auf den zweiten berührten mich diese Tulpen zutiefst.

Als ich da, inmitten all der Vielfalt von Wildtulpen stand, erkannte ich ihre wahre Schönheit. Diese Wildtulpen sind echte Persönlichkeiten! Scheinbar zart, doch stark. Strahlend und wunderschön in ihrer zurückhaltenden Art.

Plötzlich erlebte ich ganz direkt, wie einen das Tulpenfieber packen kann!

Keine Angst, ich werde jetzt nicht beginnen mit Tulpenzwiebeln zu spekulieren….
Doch möchte ich gerne einmal Tulpen aussäen und sie in ihrer Entwicklung beobachten. Es dauert ja meist 4-5 Jahre, bis sie zum ersten Mal blühen. Manchmal sogar bis zu zehn Jahre!

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Ein neues Erzählprogramm über die Geschichte der Tulpe entsteht

Ursprünglich hatte ich vor, mein Seidenstraßen-Erzählprogramm lediglich mit der Geschichte der Tulpe zu ergänzen.

Doch wird wohl jetzt ein eigenständiges Erzählprogramm daraus. Für alle Blumenliebhaber und Pflanzenfreunde, über das Tulpenfieber und den ersten dokumentierten Börsencrash der Geschichte, Spekulationsblasen und clevere Geschäftsleute…

Eine kleine Kulturgeschichte, die mit Geschichten dem Weg der Tulpe folgt, von Zentralasien entlang der Seidenstrasse bis nach Mitteleuropa.

Bis so ein Erzählprogramm aufführungsbereit ist und im Repertoire landet, braucht es natürlich viel Recherche und Vorbereitungszeit.

Die Geschichten müssen zusammen passen, damit das Programm eine interessante Dynamik bekommt. Viele Fragen sind zu klären: welche Informationen sind unbedingt notwendig, welche überflüssig, in welcher Reihenfolge bleibt soviel Information trotzdem unterhaltsam, wie gestalte ich den Übergang von Historie und mythischen Geschichten …

Jetzt muss ich erst mal all meine Notizen auswerten, all die Eindrücke meiner Recherchenreise ein bisschen sacken lassen und verdauen. Das braucht wohl noch einige Zeit.

Die Geschichten schubsen und schieben mich. Ja, es ist wirklich so: die Geschichten leiten mich und zeigen mir den Weg. 

Es bewahrheitet sich immer wieder, wenn ich mich mit neuen Geschichten beschäftige, dann öffenen sich so viele unerwartete Türen. So war es auch diesmal wieder.

Falls Sie sich für dieses neue Erzählprogramm interessieren:  hier auf der Website in den Neuigkeiten halte ich Sie auf dem Laufenden.

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Fotos meiner Tulpenreise:

Tulpen, Tulipan, Laleh – Alle Fotos auf dieser Seite zeigen Wildtulpen aus Zentralasien (aus den Bergen des Iran, der Steppe Kasachstan, aus Kirgistan und dem Altaigebirge)

Tulpen & Reisetipp

Falls Sie einmal die Tulpenblüte in Holland erleben wollen, besuchen Sie auch den KeukenhofAchtung Tulpenfieber! Trotz zahlreicher Besucher aus aller Welt, kann ich Ihnen das sehr empfehlen (Ab 17 Uhr wird es dort ruhiger!) 

Der Keukenhof liegt in der Gegend, wo die Tulpenzucht im großen Stil begann: Süd-westlich von Amsterdam, in Lisse, inmitten von Tulpen-, Narzissen- und Hyazinthenfeldern. Übrigens, viele der Radwege führen entlang der blühenden Felder.

Blick ins Repertoire:

Ein buntes Kaleidoskop für Augen, Herz und Ohren

Kraftvolle bildhafte Sprache – Märchenerzählen mal anders

Wer schreibt hier:

Uschi Erlewein spielt Geschichten von weit her, die nahe gehen.
Professionelles Tourneetheater, generationsübergreifende Programme für Kinder und Erwachsene, kulturvermittelnde Erzählkunst.

Szenisch erzählte Geschichten aus und über andere Kulturen, ungewöhnliche Märchen, Mythen entführen auf eine Hör-Reise in andere Welten.